Mit voller Kraft in den Kampf seines Lebens
Armwrestler Andreas Höffner von der SKG Sprendlingen holt Weltmeistertitel
(Quelle: op-online vom 18.9.24) Von Kai Schlichtermann Die Entscheidung fiel innerhalb von Sekunden: Ein Schrei, dann war der muskulöse rechte Arm des Usbeken Dimitriy Dokuchaev niedergerungen. Was dann folgte, war das vollkommene Glück für Andreas Höffner: Der 39-Jährige Armwrestler der SKG Sprendlingen gewinnt erstmals einen Weltmeister-Titel.
Bei den 45. World Championship im Armwrestling in der moldawischen Hauptstadt Chisinau gewinnt er in der Kategorie Master Class bis 80 Kilogramm Körpergewicht die Goldmedaille – und besiegt den Vorjahres-Weltmeister Dokuchaev mit dem rechten Arm. „Er hat psychologische Spielchen getrieben und sich sehr viel Zeit gelassen, zum Kampftisch zu kommen“, erzählt Höffner. „Ich bin erfahren und wollte mich darauf nicht einlassen.“ Danach sei Höffner freiwillig zum Doping-Test gegangen, damit ihm keiner den Titel streitig machen könne. „Natürlich war das Ergebnis negativ.“
Im Vorfeld des Wettbewerbs, an dem insgesamt zwölf deutsche Sportler und Sportlerinnen teilnahmen, einschließlich der beiden SKG-Mitglieder, hat Höffner fünfmal pro Woche zwei bis drei Stunden trainiert. Der konzentrierte und zielstrebige Amateur-Sportler hat in den vergangenen 15 Jahren immense Wettkampf-Erfahrung und fünf deutsche Meistertitel gesammelt.
Mitunter nimmt er an internationalen Showkämpfen teil – zuletzt Ende Mai in Hamburg: Damals verlor er den Wettbewerb. Die Erkenntnis daraus könnte den Ausschlag für den großen Titel gegeben haben. „Beim Kampf in Hamburg habe ich festgestellt, dass mein Handgelenk für internationale Wettbewerbe zu schwach ist.“ Daraufhin verschärfte Höffner sein Training im Kraftraum in der Hans-Meudt-Halle in Sprendlingen: Er machte noch mehr kurze Klimmzüge und baute weiter Kraft auf.
Ende August, kurz vor der WM, fühlte er sich topfit: „Vor einem Kampf pushe ich mich sehr. Ich versuche, meinen Film vor meinen Augen abzufahren. Manchmal atme ich vor dem Wettbewerb Riechsalz ein.“ So treibt er sich an. Sein Erfolg beweist, dass es nicht nur Sprüche sind. Außer dem WM-Titel hat Höffner auch den Vize-Weltmeistertitel mit dem linken Arm gewonnen.
„Andreas hat kein Sieggeld bekommen. Hier geht es nur ums Prestige“, sagt Trainer Andreas Garcia. Er selbst hat ebenfalls nach zwölf Jahren Wettkampf-Abstinenz in Chisinau Rang elf in der Grand-Master-Class belegt. Er betont, die WM-Teilnahme sei für Armdrücker-Amateure in Deutschland nur mit einer großen Portion Idealismus möglich. „In anderen Ländern gibt es für Armwrestler beispielsweise Stipendien“, erzählt er. Die beiden Sportler der SKG bezahlten Reise und Aufenthalt selbst. Und: Andreas Höffner hat seinen Vater mitgenommen. „Er hat mich schon bei ganz vielen Kämpfen begleitet. Diesmal habe ich ihm die Reise nach Moldawien zum 65. Geburtstag geschenkt“, erzählt der gelernte Handwerker und Meister für Feinmechanik. „Er ist stolz auf mich.“ Der Vater habe in der vollbesetzten Sporthalle im Radisson-Hotel in Chisinau gejubelt, in der insgesamt 1800 Teilnehmer aus 67 Nationen in verschiedensten Klassen gegeneinander antraten: Frauen, Männer, Jugendliche und Sportler mit Handicap. Nach dem siegreichen Tag hat die kleine SKG-Truppe gefeiert. Aber nur kurz, denn für die offizielle After-Show-Party blieb keine Zeit. Auf die Dreieicher wartete wieder der Job.
Andreas Höffner, der mit Frau und zwei Kindern in Neu-Isenburg wohnt, ist wieder in seinen Alltag eingetaucht. Täglich pendelt er zur Arbeit nach Offenbach. Dort arbeitet er als Ingenieur für Projekte und Prozessoptimierung. Und fast jeden Tag tritt er dann die Fahrt nach Sprendlingen an, um zu trainieren. Auch wenn er sich seinen sportlichen Traum erfüllt hat, bleibt er dran – bis zum nächsten Titel.